Friedrich von Boeckh            Dankeserinnerungen an Entschlafene

1795 – 1875

 

 

An Prinzen Eduard von Sachsen-Altenburg

 

Ein edles Herz hat aufgehört zu schlagen,

Ein Herz, dem wahrhaft fürstliches Geblüte

Des deutschen Stammes in den Adern glühte,

Als Todesengel dich zu Grab getragen.

 

Es tönten um dich laute Schmerzensklagen,

Ein Zeugnis deiner seelenvollen Güte,

Die als des Lebens sonnenhelle Blüthe

Sich um dich in allen deinen Tagen.

 

Und als du mußtest frühen Tods verscheiden,

Sah man dich hin zu Christi Kreuz sich wenden,

in sein Gewand, das strahlende, dich kleiden.

 

Du bist am Ziel, das Leben ist durchschritten,

In leichtem Kampfe durftest du vollenden,

Und hast des Sieges Palme nun erstritten.

 

 

An Gräfin Therese von Drechsel

 

Für alles Edle konnt’ in hellen Gluthen

Dein warmes Herz begeistert sich entzünden,

Mit Recht und Wahrheit muthig sich verbünden,

Gemeines strafend mit des Wortes Ruthen.

 

Und mußtest du aus manchen Wunden bluten,

Du konntest doch dir linde Tröstung künden,

In jedem Leid auf rechten Grund dich gründen;

So warst gebeugt du niemals zu entmuthen.

 

Von starkem Geist und doch so zart und milde,

Warst du ein Muster hochgesinnter Frauen,

Und trugst den ächten Adel auf dem Schilde.

 

Was sonst getrennt, das konnt’ vereint man schauen

Voll Ebenmaß in deinem edlen Bilde,

Und wer dich sah, den mußtest du erbauen.

 

 

An F. W. von Schelling

 

Dir, der mit hellen, kühnen Forscheraugen

Eindrang in dunkle, räthselvolle Tiefen,

Gedanken weckte, die noch träumend schliefen,

Und sie beschwor, an’s Licht empor zu tauchen;

 

Dir, großer Denker, der mit scharfen Laugen

Die Lüge straft, deß Worte, wenn sie riefen

Zur Wahrheit lockend, lind wie Honig triefen,

Dir sollen Meister feurge Lieder hauchen.

 

Mir aber sei nachsichtig es vergeben,

wenn ich, kein Meister, im Sonett will sagen,

Wie du beflügelt mein noch schüchtern Streben.

 

In meines Amtes ersten Mühetagen

Flocht deine Gunst sich freundlich in mein Leben,

Und blieb mir treu, solang dein Herz durft’ schlagen.

 

 

An Fr. von Roth

 

Du warst ein Mann, aus straffem Zeug gewoben;

Mit strenger Zucht und markger Kraft der Alten,

Reichästig und im Kern doch ungespalten,

Sah man dein eignes Wesen eng verwoben.

 

Des Geistes Schwingen, die du hoch gehoben,

Du konntest sie zu stolzem Flug entfalten,

Und wie die Zeiten mochten sich gestalten,

Nie ist die Kraft, der Muth dir nie zerstoben.

 

Dir, der geformt aus reinem Erzgepräge,

Will um das Haupt den frischen Kranz ich schlingen,

Wenn, was du warst und strebtest, ich erwäge.

 

Wem konnte Bessres wohl, als dir, gelingen,

Der ruhig wägend, nüchtern allewege,

Das Rechte konnt’ mit rechtem Maaß vollbringen!

 

 

An F. J. von Niethammer

 

Es lag vor deinem Geist, was je die Zeiten

Geschöpfet aus der Weisheit tiefsten Quellen,

Das Lebens dunkle Räthsel aufzuhellen,

Und vor dem Blick sie sonnig auszubreiten.

 

Und wenn es galt, in ernstem Kampf zu streiten,

Du wolltest muthig auf den Plan dich stellen,

In edlem Zorn konnt’ hoch das Herz dir schwellen,

Und treten kühn dem guten Recht zur Seiten.

 

Und doch, was Psalmentöne lieblich singen:

„Dein Wort ist Ehr’ und Zierde deines Hauses,“

Gab deinem Geist die höchsten Adlerschwingen.

 

Du bist entrückt dem Lärm des wirren Grauses,

Den jetzt die Zeiten als in Wettern bringen,

Doch was dich hob, durch unsre Pulse braus’ es!

 

 

An J. A. Schäfer

 

Wie floß das Wort dir von beredtem Munde,

Wenn von der Kunst und Pracht antiker Gaben,

Aus Latiums und Hellas Schlacht gegraben,

Ein Meister gabst du deinen Jüngern Kunde!

 

Wir horchten dir in eng gescharter Runde,

Und was erlauscht von deinem Mund wir haben,

Konnt’ Geist und Herz mit gleicher Lust uns laben;

Wir jauchzten neu bei jedem neuen Funde.

 

Wie Blüthen aus den zarten Rinden sprossen,

Und rings verbreiten würzig süße Düfte,

So hast der Vorzeit Schätze du erschlossen.

 

Und wie balsamisch wehen Frühlingslufte,

Hat uns dein Geist der Alten Geist ergossen;

Du warsts, der Odem haucht’ in unsre Grüfte.

 

 

An D. Deininger

 

Ein edler Geist, geprägt aus seinem Korne,

Warst du gleich einer sonnenhellen Flamme,

Gleich einem Zweig aus kerngesundem Stamme,

Gleich einem reinen, lebensfrischen Borne.

 

Auch wenn das Herz dir schwoll in edlem Zorne,

War lind es doch gleich einem sanften Lamme,

Von strenger Zucht, doch nicht, daß es verdamme,

Von ernstem Wort, doch ohne scharfe Dorne.

 

Gemeinem abhold, wo es ward dir kunde,

Abstoßend es, wie Erz die rauhen Schlacken,

Warst lautern Sinns du bis zum tiefsten Grunde.

 

Wie sich Magnete nach den Polen neigen,

Wollt’ deines Geistes ungebrochner Nacken

Sich frei doch jedem ächten Adel beugen.

 

 

An meine Mutter

 

Als du verschiedst, da pflanzten weiße Rosen

Wir auf dein Grab mit kindlich bittern Zähren,

Und konnten Bessres dir nicht mehr gewähren,

Dir, früh erfaßt von dunkeln Todesloosen.

 

Es war uns Trost, mit Rosen still zu kosen,

Als wenns der Mutter bleiche Lippen wären,

Und wir, das Aug an ihrem Blick zu klären,

Noch säßen sanft auf ihen weichen schooßen.

 

Wenn dann der Himmel flammt’ in lichten Sternen,

Da dünkt’ uns oft, als wolltest still du winken,

Uns freundlich grüßen aus den goldnen Fernen.

 

War nur ein Wahn, der mußt’ uns bald entsinken,

Doch ob wir Kinderträume bald verlernen,

Noch denk’ ich dran, wenn Nachts die Sterne blinken.

 

 

An meinen Vater

 

Dir, theurer Vater, längst von uns geschieden,

Soll dieses Lied des Sohnes noch erklingen,

Und in dein Grab mit hellen Lauten dringen,

Wo schläft dein Leib, umweht von stillem Frieden.

 

Es war dir je das schöne Loos beschieden,

des Lebens Arbeit glücklich zu vollbringen,

Und wohlbewährt im Großen wie Geringen,

Der Mühen Frucht zu erndten noch hienieden.

 

Voll Geist und Kraft, mit würdigem Gebahren,

So tratst du auf in deines Amtes Mitten,

Und deinem Munde lauschten Hörerschaaren.

 

Du locktest sie mit feurig ernsten Bitten

Zum heilgen Wort, dem reinen, ewig wahren;

So hast du nun der Treue Lohn erstritten.

 

 

An meine Frau

 

Als trug man dich mit herbem Leid zu Grabe,

Die warst du mir in Lieb und Treu verbunden,

Mit festem Band mir um das Herz gewunden,

Da sank mir hin des Lebens liebste Gabe.

 

Nun ists, daß nur Erinnrung noch mich labe

An all’ die schönen, traut verlebten Stunden,

Die, ob sie wie im Flug dahin geschwunden,

Doch wahr’ ich mir als wie zur sichern Habe.

 

Gefallen sind dir süße Lebensloose,

Und während wir des Lebens Kampf noch streiten,

Ruhst sanft du nun im stillen Friedensschooße.

 

Wie lange noch, so finden wir uns wieder!

Schon ist’s, daß dunkler sich die Schatten breiten,

Und senken sich zu meinen Häupten nieder.

 

 

An meine Schwägerin L. Mayer

 

Dort, wo sich dehnen ährenreiche Gauen,

Auf hoher Burg, die ragt in ferne Weiten,

Dort durstest du in deinen schönen Zeiten

Einst stolz herab gleich einer Fürstin schauen.

 

So manchen Morgen sahst du sonnig thauen,

So manchen Abend kühle Schatten breiten,

Und wo der Blick hinflog, nach allen Seiten

Erglänzten hell des Rieses goldne Auen.

 

Ein hübsches Gärtchen durftest du dir pflegen,

Mit eigner Hand zur Lenzeszeit es graben,

Und Lieblingsblumen sorglich drin dir hegen.

 

Und bist in seinem Stübchen du gesessen,

An süßer Stille heimlich dich zu laben,

Hast du des Tages Unruh leicht vergessen.